Führung - Weder Diktator noch Kumpel
Führungsmodelle mit Führungskräften als Machtzentren dürften wohl ausgedient haben. Gleichzeitig bin ich der Überzeugung, dass auch eine Vorgesetzten-Mitarbeiter-Beziehung auf „Kumpelebene“ nicht funktioniert. Wie wir bis heute geführt haben, war nicht falsch, dürfte aber in vielerlei Hinsicht nicht mehr zeitgemäss sein. Doch was zeichnet heute und morgen eine gute Führungskraft aus und wie gelingt es, sich zu einer guten Führungskraft weiter zu entwickeln?
Was bedeutet zeitgemässe Führung?
Ich bin davon überzeugt, dass die Vorstellung der digitalen Generation in Bezug auf Führung nicht gross von derjenigen der Vorgängergenerationen abweicht. Respekt, Unterstützung, Anerkennung und offene Kommunikation sind Ansprüche, welche schon lange seitens der Arbeitnehmer gestellt werden. Vielleicht setzt die digitale Generation etwas mehr Gewicht auf den partnerschaftlichen Führungsstil. Meiner Ansicht nach gelingt allerdings ein „Unterstellungsverhältnis“ auf Kumpelebene nur bedingt. Inwiefern ein solches gelebt werden kann, ist durchaus auch branchenabhängig. In der IT-Branche mag dies gang und gäbe sein, in der Industrie oder im Bau ist diese Art der Führung mit Vorsicht zu geniessen.
Definitiv haben aber die alten Führungsmodelle mit Führungskräften als Machtzentren ausgedient. Der Patron als Alleswisser und Alleinentscheider wird künftig kaum mehr Fachkräfte finden, welche bereit sind, unter solchen Gegebenheiten zu arbeiten. Trotzdem werden gemäss Aussage von Prof. Dr. Wolfgang Jenewein, Ordentlicher Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität St. Gallen, auch heute noch rund 70% der Manager als Puppenspieler wahrgenommen und dies in einer Zeit, in der man sich nach jedem Strohhalm klammert, um gute Fachkräfte und loyale Mitarbeiter zu finden.
Heute sind Teams und Netzwerke gefragt. Wie wir bis dato geführt haben, war demnach nicht falsch. Aber alles hat seine Zeit. Mitarbeiter wollen mitreden und sich einbringen können. Sie wollen mit Ihren Anliegen, Bedenken und Sorgen auf offene Türen stossen und ernstgenommen werden. Vertrauen und Sicherheit, aber auch Selbstbestimmung und Freiheit sind Grundsätze einer neuen Unternehmens- und Führungskultur. Die Zeit der sogenannten „Unternehmensverwalter“ ist vorbei.
Was zeichnet eine gute Führungskraft heute aus?
In meiner Jugendzeit spielte ich u.a. in diversen Orchestern und Musicals. Relativ früh kam ich dadurch mit der positiven Wirkung einer ausgewogenen Stimmung auf musikalische Höchstleistung in Kontakt. Die Aufgabe des Dirigenten war es dabei, die Musiker auf Höchstleistung einzustimmen und diese am Konzert auf Punkt abzurufen. Das erreichte er durch klare, transparente, verständliche Angaben von vorne, zusammen mit bestmöglichem Entfaltungsfreiraum für die Beteiligten.
Der Anspruch einer jeden Führungskraft muss es sein, aus ihrem Team das Beste zu holen. Die Welt ist derart komplex geworden, dass es schwer zu glauben ist, wenn jemand behauptet, er könne sämtliche Themen und Aufgaben noch in absoluter Eigenregie lösen. Eine gute Führungsperson muss zum Ziel haben, die Mannschaft soweit zu bringen, dass quasi der Chef selbst obsolet wird. Dazu gehört eine ordentliche Portion Mut und manch einer dürfte mit dieser Einstellung Neuland betreten.
Eine gute Führungskraft zeichnet sich heute, nebst Eigeninitiative, Entscheidungsfähigkeit und Selbstbewusstsein auch durch moralische Integrität, Fairness und eine authentische Vorbildfunktion aus. Mitarbeiter werden ihren Vorgesetzten über kurz oder lang imitieren, sowohl in seinem Handeln, als auch in seiner Denkweise. Somit ist seitens der Führungskräfte ein besonderes Augenmerk rund um das Thema „Verantwortung tragen“ und „Entschiedenheit“ zu legen. Erwarten Sie nicht von Ihren Mitarbeitern, dass sie in diesen Punkten Grösse zeigen, wenn Sie es nicht vorleben. Wenn Sie nahezu alles tun, um das Unternehmen einer Spitzenposition näher zu bringen, dann werden es auch ihre Mitarbeiter tun. Wenn Sie ihre ganze Energie in das Wohl der Mitarbeiter stecken, dann werden diese auch für Ihr Wohl sorgen.
Vor allem unter den Firmeninhabern, Verwaltungsräten und Geschäftsführern braucht es mehr Leader und weniger fakten- und datenbezogene Manager. Es braucht Leute, welche mit Menschen und Gefühlen arbeiten. Gute Leader glänzen durch persönliche Bescheidenheit. Bei meinen Recherchen bin ich diesbezüglich auf folgende Metapher gestossen: Gute Führungskräfte sind solche, welche aus dem Fenster sehen, wenn sie nach Gründen für ihren Erfolg suchen und welche in den Spiegel schauen, wenn es nicht so gut läuft. Umgekehrt posieren die sogenannten Puppenspieler bei Erfolg mit geschwelgter Brust vor dem Spiegel und suchen bei Misserfolg und Problemen draussen nach einem Sündenbock.
Wie werde ich zu einer guten Führungskraft?
Zugegeben, nicht jeder ist zur Führungskraft geboren. Viel zu häufig trifft man in der Arbeitswelt noch immer die Situation an, dass der fachlich bestqualifizierte Mitarbeiter zum Vorgesetzten ernannt wird, obwohl dieser in einer Spezialistenfunktion einiges glücklicher wäre. Fakt ist, dass zur Führung eines Teams oder eines Unternehmens andere Fähigkeiten gefragt sind, als nur der beste Handwerker seines Faches zu sein. Dazu gehört zum Beispiel die Fähigkeit, ein mittelmässiges Team zu Bestleistungen zu bringen.
Dies bedingt, dass eine Führungskraft zuerst einmal wissen muss, was in ihrem Bereich oder im gesamten Unternehmen überhaupt läuft. Ich nehme mir jeweils die Zeit und führe mit den relevanten Mitarbeitern Einzelgespräche. Dies ermöglicht mir auf eine effiziente Art und Weise, eine persönliche Bindung herzustellen, die Herausforderungen und Fakten direkt von der Front entgegen zu nehmen und gleichzeitig noch die Eigenschaften, Fähigkeiten und Charaktere der Leute besser kennen zu lernen.
Jeder hat seinen ganz eigenen Führungsstil und dabei nur in gut und schlecht zu unterscheiden, wäre bestimmt zu kurz gegriffen. Ich persönlich liebe es zum Beispiel, durch Fragen und nicht durch Antworten zu führen. Wieso erwartet jeder, dass derjenige mit dem „Chef-Hut“ immer die richtigen und besten Antworten auf Lager hat? Durch gezielte Fragen entstehen die Antworten meist von alleine und sind dabei vielfach noch besser durchdacht, als sogenannte Top-Down-Anweisungen und Befehle. Dabei möchte ich die Wichtigkeit es Zuhörens betonen. Der Psychologe Carl Ransom Rogers betonte in seiner Arbeit mit Menschen immer wieder, wie wichtig es doch sei, zurückhaltend und mittels Zuhören die Leute selbst die Lösungen entwickeln zu lassen und nur bei Bedarf mit Fragen einzugreifen.
Wer das Optimum aus seinen Leuten holen möchte, muss Einsatz und Stärke einfordern. Gleich-zeitig dürfen die Leute nicht überfordert werden. Dies ist eine stetige Gratwanderung und bedingt, dass man ein Gefühl dafür entwickelt, die Leute auf ihre Stärken anzusetzen. Leute, welche sich in ihrer Tätigkeit wohlfühlen, leisten bessere Arbeit. Die Praxis zeigt, dass immer noch eine stattliche Anzahl von Angestellten auf Funktionen tätig ist, welche nicht Ihren angeborenen oder erlernten Fähigkeiten entsprechen. Solche Leute müssen erkannt werden. Durch eine Umplatzierung kann man ihnen eine nicht zu unterschätzende Arbeitsfreude zurückgeben und der Betrieb wird dies 1:1 in ihrer Leistung zu spüren bekommen (sh. dazu auch den Fachbeitrag: Motivation – Antriebskraft für Spitzenleistung). Leider gibt es aber auch solche, welche nicht nur auf der falschen Position, sondern auch im falschen Betrieb angestellt sind. Nicht nur beim Arbeitgeber, sondern auch beim Arbeitnehmer kann in solchen Fällen eine Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zu einer gewissen Erleichterung führen. Tendenziell ist zu raten, schnell zu handeln, wenn Personalentscheide solcher Art gefällt werden müssen. Wir tendieren generell dazu, zu lange abzuwarten.
Kooperation und Zusammenarbeit sollte ganz oben als Credo stehen. Natürlich kommt es immer wieder mal zu Situationen, in denen der Chef schlicht entscheiden oder delegieren muss. Dies soll aber nicht der vorherrschende Führungsstil sein, sofern man in ein paar Jahren nicht ohne Mitarbeiter dastehen möchte.
Welches sind die „No-Go’s“ einer Führungskraft?
Ebenso unangepasst, wie die betriebswirtschaftliche Diktatur, ist alsdann auch die Führung mit Angst. Um die uneingeschränkte Loyalität der Mitarbeiter zu geniessen, sollte man in erster Linie respektiert und nicht gefürchtet werden. Dominanz und Misstrauen können Gründe dafür sein, warum die Leute wie stumme Marionetten funktionieren und einem harte aber wichtige Fakten und Tatsachen verschweigen. Eine Folge davon ist, dass das Unternehmen den direkten Zugang zu Innovation und Optimierungspotenzial verliert. Das Gleiche droht bei Leuten, welche unkontrollierte Wutausbrüche ausleben, blinden Gehorsam fordern, beleidigen, kritisieren und verurteilen. Das heisst nicht, dass ein Vorgesetzter zu einer emotionslosen Maschine mutieren soll. Eine gewisse Selbstbeherrschung muss aber durchaus vorausgesetzt werden können. Geben Sie dem Gegenüber jederzeit die Möglichkeit, das Gesicht zu wahren und sorgen Sie für einen respektvollen Umgang.
Gleichberechtigung ist ein letzter ernstzunehmender Punkt. Was für Mitarbeiter Huber gilt, gilt auch für Mitarbeiter Müller. Was für den Mitarbeiter gilt, gilt auch für den Vorgesetzten. Das man nicht alle im Boot genau gleich mag, ist menschlich. Man tut jedoch gut daran, auch jene gleich zu behandeln, welche einem auf persönlicher Ebene etwas weiter entfernt sind. Der Gerechtigkeitssinn darf auch nicht unter der Konstellation eines Verwandten oder Freundes in der Belegschaft leiden. Wer eigenes Blut oder zumindest eine nahestehende Person in einen Betrieb holt, muss im Ernstfall genauso reagieren können, wie wenn er es mit einer Drittperson zu tun hätte.
Wie kann ich Sie unterstützen?
Man kann die besten Instrumente, Prozesse, Produkte und Fertigungsmethoden besitzen - mit der falschen Mannschaft oder der falschen Führung wird der Erfolg ausbleiben. So ist eine meiner ersten Tätigkeiten in einem Betrieb jeweils das Studium der Belegschaft. Dabei interessieren mich die Vorgesetzten genauso, wie ihre Mitarbeiter. Meine Erfahrung zeigt, dass sich ein Grossteil der Probleme durch die Anpassung des Personalstammes beheben lässt. Ein grosser Hebel liegt darin, die Leute richtig einzusetzen und Schwachstellen gezielt anzugehen.
Gerne verweise ich diesbezüglich auf mein Buch:
KMU 4.0 - Erfolgreich den Wandel meistern
Es zeigt auf, welche Faktoren heute zu berücksichtigen sind, um morgen noch erfolgreich zu wirtschaften. Es richtet sich vorwiegend an Unternehmer, Führungskräfte und Mitarbeitende aus dem KMU-Bereich.
Für ein Erstgespräch, verbunden mit einer Beurteilung der Situation und einem persönlichen Vorschlag bezüglich weiterem Vorgehen stehe ich Ihnen gerne kostenlos zur Verfügung.
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